Wir sind, was wir denken. Wer mich schon ein bisschen kennt, weiß, dass ich dieses Credo zu hundert Prozent vertrete und auch in meinem eigenen Leben anwende. Positive Gedanken und Gefühle ziehen ihresgleichen an, und dasselbe passiert mit negativen Emotionen. Darauf basiert meine komplette Arbeit als Mentalcoach und Expertin für das Gesetz der Anziehung.
Niemand ist immer gut drauf
Doch die Sache hat einen Haken. Niemand auf dieser Welt hegt 24 Stunden, 7 Tage die Woche positive Gedanken. Kein Mensch ist immer gut gelaunt und fröhlich gestimmt. Das ist schlicht unmöglich. Der Ansatz vom positiven Denken funktioniert, solange er nicht zwanghaft wird. Interpretieren wir ihn nämlich so, dass wir immer gut drauf sein sollten, passiert Folgendes:
Zum Leben gehört positives und negatives
Wir fangen an, negative Gedanken und Gefühle zu verdrängen. Denn lassen wir sie zu, ziehen wir nur Negativität und Unglück in unser Leben. Paradoxerweise wird dadurch das, was wir verdrängen, präsenter in unserem Leben. Weil sich die negativen Empfindungen nicht einfach wegdrücken lassen. Da wir aber eigentlich gar keine schlechten Gedanken haben dürften, verurteilen wir uns dafür und fühlen uns am Schluss schlecht und schuldig. Das ist definitiv der falsche Ansatz!
Unangenehme Emotionen haben eine Daseinsberechtigung, genauso wie die angenehmen. Denn je mehr wir schlechte Gefühle verdrängen und unterdrücken, desto stärker werden sie. Es ist nicht zielführend, jeden negativen Gedanken oder jede schwierige Situation sofort mit etwas Positivem wettmachen zu wollen. Das führt dazu, dass wir uns immer mehr von uns selbst entfernen und am Schluss gar nicht mehr wissen, was wir fühlen.
Warum sind negative Gedanken omnipräsent?
Bestimmt ist es dir auch aufgefallen, dass es sehr viel einfacher ist, negativ zu sein als positiv. Das Negative scheint sich mühelos in unsere Gedanken- und Gefühlswelt zu schleichen. Während wir uns regelrecht anstrengen müssen, an das Gute zu glauben und optimistisch zu sein. Das kommt nicht von ungefähr und ist evolutionsbedingt.
Als wir noch in Höhlen wohnten, lauerten überall Gefahren, und es ging jeden Tag um Leben und Tod. Unser Gehirn ist darauf programmiert, Gefahren frühzeitig wahrzunehmen und uns zu alarmieren, um uns so zu schützen. Es geht vom schlimmstmöglichen Szenario aus und fokussiert sich darauf, was alles schiefgehen und welche Probleme auftauchen könnten. Dieses Frühwarnsystem sicherte früher unser Überleben im Kampf gegen wilde Tiere und widrige Umstände und trieb uns an, aus unseren Fehlern zu lernen. Unsere negativen Gedanken haben also einen Sinn und meinen es eigentlich gut mit uns. Und sie entsprechen der menschlichen Natur.
Wird zum Beobachter
Jetzt wo du weißt, weshalb wir das Negative automatisch mehr hervorheben, kannst du anfangen, anders damit umzugehen. Ein guter Ansatz ist Humor. Anstatt dich für schlechte Gedanken zu verurteilen, erinnere dich daran, dass gerade dein Steinzeit-Ich zu dir spricht.
Dadurch verlieren sie an Gewicht und Bedeutung. Auch das Wahrnehmen deiner Gedanken ist sehr hilfreich. Achte bewusst auf negative Gedanken und schau, ob du ihnen folgst oder nicht, ohne sie inhaltlich verändern zu wollen. Beobachte, was der Auslöser für deine Traurigkeit, deine Wut oder deine Kränkung ist und akzeptiere diese Gefühle. Sei dir gegenüber ehrlich und anerkenne, was in dir vorgeht. Du hast jedes Recht der Welt, so zu empfinden. Sprich mit Freunden darüber, verarbeite die Vorkommnisse allein oder konfrontiere die Person, die der Auslöser war. Es geh darum, dass du diesen negativen Emotionen den Raum gibst, die sie brauchen. Überdeckst du sie mit Zwangsoptimismus, vertagst du nur das Problem. Sie werden dich früher oder später einholen, und zwar mit doppelter Wucht.
Ist es wirklich so schlimm?
Was mir persönlich im Umgang mit negativen Emotionen sehr hilft, ist innerlich STOP zu sagen, wenn ich spüre, dass sie im Anmarsch sind. Und erst gar nicht zuzulassen, dass sie die Kontrolle über mich gewinnen. Ich beobachte die Situation aus einer neutralen Position und wäge ab, ob meine Emotionen überhaupt angemessen sind. Am einfachsten geht das, indem ich mir vorstelle, dass das gerade nicht mir, sondern meiner besten Freundin passiert. Und dann analysiere ich die Reaktion, die Gedanken und die Gefühle anhand verschiedener Fragen wie zum Beispiel:
- Ist mein Verhalten angemessen?
- Ist meine Reaktion übertrieben?
- Warum reagiere ich so heftig?
- Wie hätte ich sonst noch reagieren können?
- Ist wirklich alles so schlimm?
- Was kann ich in dem Moment tun, damit es besser wird?
- Gibt es trotz allem Negativen auch etwas Positives?
Durch das Beantworten dieser Fragen gewinne ich Distanz zu meinen negativen Gefühlen und zeige mir selbst Alternativen auf. So bleibe ich bei mir und gerate nicht in einen Strudel an Negativität.
Sei ehrlich und authentisch
Wenn es darum geht, wie wir uns fühlen, hilft langfristig nur eines: Ehrlichkeit. Es bringt dir und den Anderen nichts, wenn du immer so tust, als wäre alles in bester Ordnung, während du innerlich an deinen Ängsten beinahe zerbrichst. Oder umgekehrt. Wenn du auf die Sorgen deiner Freunde oder deines Partners mit einem „das ist doch nicht so schlimm“ oder „versuch es positiv zu sehen“ reagierst. Das führt nur dazu, dass wir uns nicht ernst genommen fühlen und uns nicht mehr trauen, zu sagen, wies es uns wirklich geht.
Zusammengefasst bedeutet das, dass es eine gesunde Mischung aus Optimismus, Ehrlichkeit und Achtsamkeit braucht. Sei aufmerksam deinen Gedanken und deiner Gefühlswelt gegenüber und akzeptiere, dass auch Negatives zum Leben dazugehört. Aber verliere dich nicht in ihr. Wende effektive Methoden wie das Führen eines Dankbarkeitstagebuchs, Meditation oder positive Affirmationen an, um für eine positive Grundeinstellung zu sorgen. Dann wird es dir leichter fallen, mit schwierigen Situationen umzugehen. Ich wünsche dir dabei viel Erfolg.