Das menschliche Gehirn besteht aus verschiedenen Bereichen, die alle für unterschiedliche Aufgaben zuständig sind. Es sind dies Großhirn, Zwischenhirn mit Thalamus, Hypothalamus und Hypophyse, Hirnstamm mit Mittelhirn, Brücke und verlängertem Mark (Nachhirn) und Kleinhirn. Damit die unterschiedlichen Bereiche miteinander kommunizieren können, braucht es Nervenzellen oder sogenannte Neuronen, deren Verbindungen das gesamte Gehirn durchziehen. Wo Neuronen untereinander Informationen austauschen, entstehen Synapsen, die eine Art Verbindungspunkt zwischen den Nervenzellen bilden. Jede Zelle besitzt eine Vielzahl solcher Synapsen, wodurch eine Art flächendeckendes Informationsnetz im Gehirn entsteht. In der Neurowissenschaft werden diese Verknüpfungen oder Koppelungen Assoziationen genannt.

Was sind Neuro-Assoziationen und wie funktionieren sie

Unser Gehirn ist eine Art Superspeicher. Alles, was wir denken, fühlen und tun, zeichnet es auf und legt es irgendwo ab. Versucht ein Kind beispielsweise das erste Mal Fahrrad zu fahren, kreiert das Gehirn eine neue Verbindung zwischen Neuronen, einen dünnen, sogenannten neuronalen Strang, und speichert ihn. Beim zweiten Versuch des Kindes greift das Gehirn blitzschnell auf diesen Strang respektive die Erfahrungen des ersten Mal zurück und fügt den nächsten hinzu. Die neuronale Verbindung wird stärker und entwickelt sich zu einer Art Autobahn, je mehr das Kind Fahrrad fährt.

Je öfter wir uns in einer bestimmten Situation befinden und das Gleiche denken, fühlen oder tun, desto stärker werden unsere neuronalen Verbindungen. Und je stärker diese Verbindungen, desto automatischer, schneller und einfacher denken, fühlen oder tun wir in der folgenden Situation wieder das gleiche. Im genannten Beispiel ist das eine gute Sache, denn mit jedem Üben fährt das Kind sicherer und fällt weniger um, weil das Gehirn von den Erfahrungen der vorhergehenden Male profitiert.

Doch was geschieht, wenn das Kind bei seinem ersten Versuch ein negatives Erlebnis hatte? Wenn es zum Beispiel vom großen Bruder ausgelacht wurde oder hinfiel und sich das Knie aufschlug? Das Kind spürte mit Sicherheit Gefühle wie Scham, Angst oder Schmerz, welche die Bildung des neuronalen Strangs zusätzlich verstärken, da von starken Emotionen begleitet. Weist eine Verbindung eine hohe Zugfestigkeit auf, wird sie zu einem Teil unseres Gehirns und dadurch zu einem Teil unser selbst. Tritt das ein, reagieren wir ohne nachzudenken mit diesem konditionierten Verhalten auf das gleiche oder auf ein ähnliches Ereignis. Setzt sich das Kind das nächste Mal aufs Fahrrad, fängt es wahrscheinlich völlig grundlos an zu weinen. Weil es erneut die Scham, Angst oder den Schmerz vom ersten Versuch fühlt.

Eine einmal etablierte neuronale Verbindung ist aber keineswegs für immer. Sie kann durchaus verändert oder gelöscht werden. Dafür braucht es einen Unterbruch der Verknüpfung, indem wir nicht wie gewohnt reagieren, sondern bewusst versuchen, uns anders zu verhalten oder unsere Emotionen in eine andere Richtung zu lenken. Steigt das Kind im Beisein seiner Eltern erneut aufs Fahrrad, können diese ihm so lange Mut zusprechen, bis es sich traut, eine Runde zu drehen. Und es für jeden gefahrenen Meter loben und sich mit ihm freuen, damit das Kind eine positive Erfahrung hat und die schlechte erste Erfahrung damit ersetzen kann. Je weniger wir unserem automatischen Impuls nachgeben, desto schwächer wird die neuronale Verbindung. Wie ein Pfad, der kaum mehr benutzt und entsprechend von Gras überwuchert wird, bis er komplett verschwindet.

 

Neuro-Assoziationen und Coaching

Vor einigen Jahren eroberte der Begriff „Neuroassoziative Konditionierung“ die Welt der Coaches und Trainer. Der Begriff basiert auf der Erkenntnis, dass eine Veränderung leichter gelingt und nachhaltiger ist, wenn das Nervensystem mit dem alten und dem neuen Verhalten starke Emotionen verbindet. Dabei ist es elementar, dass das Gehirn das alte Verhalten mit Schmerz verknüpft und das neue mit Freude. Das schmerzhafte Handeln kommt so gar nicht mehr infrage, denn der Mensch setzt sich nicht freiwillig schmerzhaften Gefühlen aus. So gelingt es, schlechte Gewohnheiten zu ändern oder Süchte, wie beispielsweise das Rauchen, aufzugeben. Neuroassoziationen stellt unser Gehirn so her, indem es jedes Mal, wenn wir intensiven Schmerzen oder große Freude erleben, nach der Ursache dafür sucht. Das kann etwas Neues und Ungewöhnliches für das Gehirn sein, etwas, das in diesem Augenblick passiert oder ein bekanntes Muster.

Sechs Schritte zur dauerhaften Veränderung

Vater der neuroassoziativen Konditionierung ist der US-amerikanische Coach Tony Robbins. Auf Basis des Neurolinguistischen Programmierens entwickelt er die Methode mit dem Ziel, in sechs Schritten schnelle und dauerhafte Veränderungen zu erreichen. Welches diese Schritte sind, zeige ich dir jetzt.

Schritt 1: Ziel definieren

Wird dir bewusst, was du im Leben wirklich erreichen willst, und definiere ein konkretes Ziel. Dann frage dich, warum du dieses Ziel bis heute noch nicht erreicht hast, respektive was dich davon abhält, es zu verwirklichen. Es geht darum, dass du ein positives Ziel formulierst und erkennst, was dir im Weg steht. Oft macht die gewünschte Veränderung so viel Angst, dass die aktuelle Situation bevorzugt wird, auch wenn wir dadurch unser Ziel nicht erreichen.

Schritt 2: Aktuelle Situation mit Schmerz verknüpfen

Stell dir das absolut Schlimmste vor, das passieren könnte, wenn du nichts an deiner aktuellen Situation änderst. Welche Nachteile erfährst du? Wie sehr schmerzt es? Wie unglücklich wirst du dadurch? So erzeugst du eine sogenannte Weg-von-Motivation, was bedeutet, dass du nur noch raus willst aus diesem momentanen Zustand. Gerade weil Veränderung Angst macht, muss die aktuelle Situation mit immensem Schmerz gekoppelt werden, sodass die Angst vor dem Wandel das kleinere Übel ist als der momentane Schmerz.

Schritt 3: Unterbrechung des einengenden Musters

Jetzt braucht es deine ganze Aufmerksamkeit und dein volles Bewusstsein, um dein altes Verhalten zu durchbrechen. Denn dieses findet automatisch statt. Automatismen funktionieren aber nur in gewohnten Umgebungen. Sobald sich dein altes Muster anbahnt, unterbreche es umgehend, indem du etwas völlig Absurdes tust. Je abstruser diese Handlung ist, desto schneller löst sich das alte Muster auf. Diese neue Handlung wirft dein Gehirn aus seiner bekannten Bahn und konfrontiert es mit einer völlig neuen Situation, für die noch keine Automatismen bestehen.

Schritt 4: Kreiere ein neues, positives Verhalten

Nachdem du dein altes Verhalten im dritten Schritt durchbrochen hast, musst du es nun durch dein gewünschtes neues ersetzen, welches du mit Freude und positiven Emotionen assoziierst. Wichtig ist, dass die neue Handlung das gleiche Ziel verfolgt wie das alte.

Schritt 5: Belohne dich für dein neues Verhalten

Eine Verhaltensänderung braucht Zeit und Energie. Damit du nicht aufgibst, solltest du dich belohnen, jedes Mal, wenn du das neue Verhalten angewendet hast. So verstärkst du dessen Wirkung und Konditionierung, bis es zu einem Automatismus geworden ist. Wähle eine Belohnung, die dir wirklich Freude macht und die du unmittelbar auf die Anwendung deines neuen Verhaltens einlösen kannst. Nur so assoziiert dein Nervensystem die Belohnung mit dem neuen Verhalten.

Schritt 6: Teste dich

Zum Schluss geht es darum zu prüfen, ob du das neue Verhalten auch tatsächlich verankert hast. Wähle dafür eine Situation und stell dir vor, wie diese mit deinem alten Verhalten ausgehen würde. Beziehe auch die guten Seiten und Vorteile ein. Dann male dir die gleiche Situation aus, aber mit deinem neuen Verhalten. Was empfindest du dabei? Löst es schöne Gefühle aus? Und für welches Szenario entscheidest du dich? Angenommen dein altes Verhalten ist stärker und gewinnt, so gehe zu Schritt eins zurück und mach die gesamte Übung noch einmal. Versuche, dass dein neues Verhalten noch intensivere Emotionen auslöst. Das ist der Schlüssel zum Erfolg.

Negative Glaubenssätze loswerden

Die neuroassoziative Konditionierung ist auch hervorragend geeignet, um limitierende Glaubenssätze aufzulösen und durch konstruktive zu ersetzen. Wähle einen Glaubenssatz, unter dem du schon lange leidest und wende die sechs Schritte an. Zum Beispiel „Ich bin nicht liebenswert“.

Du musst diesen Glaubenssatz aus tiefstem Herzen loswerden wollen. Verknüpfe ihn dafür mit starkem Schmerz, indem du dir folgendes vorstellst: „Ich bin liebenswert. Ergo werde ich nie einen Partner finden, denn wer will mich schon? Ich werde auch nie eine Familie haben, obwohl es mein sehnlichster Wunsch ist, Kinder zu haben. Mein Leben lang bleibe ich allein und einsam und sterbe irgendwann alt und verbittert, ohne dass mich jemand vermissen wird.“

Dann male dir deine Zukunft unter Anwendung deines neuen und positiven Glaubenssatzes aus, der heißen kann: „Ich bin absolut liebenswert.“ Stelle sie dir so bunt und detailliert vor wie möglich. „Ich bin ein wunderbarer Mensch und liebe und schätze mich genauso, wie ich bin. Dank meiner positiven Ausstrahlung lerne ich viele einen Partner kennen, der mich sieht, liebt und unterstützt. Wir heiraten und haben zwei tolle Kinder. Mein Leben ist erfüllt, und ich bin jeden Tag dankbar für meine Familie.“

Du siehst, auch wenn es sich bei deinem Gehirn um einen Supercomputer handelt, so hast du trotzdem die Macht, dein Leben umzukrempeln und dich von schlechten oder limitierenden Verhaltensmustern zu verabschieden. Ich wünsche dir viel Erfolg dabei.

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